Inside DFI // Once Asked Questions // Interview mit Olesja Reiser // 5. Semester
Olesja Reiser, ein Mal falsch abgebogen und doch richtig angekommen. Manchmal braucht es einen Umweg, um wirklich sicher zu sein, was das Richtige für einen ist. Anstatt die Gerichte Deutschlands zu erhellen, zeigt sie nun der Kreativ-Branche wo das Licht angeht. Wir sind froh, dass du deinen Fehler erkannt hast.
Olesja, Du hast schon eine Vergangenheit! Was hast Du vor Deinem Studium an der DFI gemacht?
Vor meinem Studium an der DFI hatte ich wohl übermäßig viel Zeit und wurde Juristin. Mit zwei Staatsexamen und den ganzen Kram. Leider bemerkte ich recht schnell danach, dass jeder tägliche Gang zur Arbeit sich wie ein klein wenig sterben anfühlt. Das Arbeitsleben ist echt lang und täglich dabei sterben kommt für mich überhaupt nicht in Frage.
Wie kam der Wandel? Und warum in eine ganz andere Richtung?
Da ich zeichnerisch sehr stark bin, kam für mich nur ein kreativer Bereich in Frage. Ich kritzele seit jeher alle Bögen voll und denke oft in starken Bildern. Eine kurzer Satz aus einem Buch, oder auch ein flüchtiger Eindruck auf der Straße kann bei mir eigene Bildideen in Gang setzen. Es hat bloß ein wenig gedauert, bis ich erkannte, dass Kommunikationsdesign mein Fach ist. Der Beruf ist in Deutschland zwar weit verbreitet, aber seltsamerweise nicht unbedingt präsent. Aber: Ende gut, alles gut.
Wenn man so eine weitreichende Entscheidung trifft, muß man viel Leidenschaft mitbringen. Wie tobst Du Dich neben der DFI gestalterisch aus?
Ja, Leidenschaft hilft immer. Denn mein Umfeld rebellierte und verstand die Entscheidung nicht. Letztendlich erkannten sie aber sehr schnell, dass es so sehr meins ist, dass ein Übergang zwischen Arbeit und Leben nicht mehr wirklich existiert. Ich zeichne, gestalte und konzipiere mit Genuss. Gestaltung befolgt jedoch auch ganz klare Regeln und Prinzipien. Oder bricht sie absichtlich.
Um auszuprobieren, ob mein Denken außerhalb des Unterrichts funktioniert, nahm ich an einem Gestaltungswettbewerb teil. Und dann an noch einem. Und noch einem. Viel gewonnen im letzten halben Jahr. Es kam zu Ausstellungen und Partnerschaften unter anderm mit Wacom, Fritz Kola und Euler Hermes. Ich hoffe das geht so weiter.
Was hast Du für Schwerpunkte im Studium für Dich gesetzt und warum?
Ich bin wahrscheinlich der einzige Mensch ohne Schwerpunkte an der Schule. Ich lerne einfach gerne. Bei jedem Fach denke ich mir: Vielleicht bin ich ein viel besserer Texter? Oder Programmierer? Oder Konzepter? In dieser Hinsicht mache ich mir aber Null Sorgen. Die Stärken werden sich fokussieren, sobald Projekte die mich wirklich interessieren auf dem Tisch liegen.
Die Hälfte ist rum, weißt Du schon, wo es nach dem Studium hingehen soll?
Ich versuche durch Eigeninitiative und Kooperationen Projekte zu akquirieren, um bereits jetzt feste Standbeine aufzubauen. Andererseits melden sich plötzlich auch Modelagenturen. Vielleicht ist irgendwann lediglich mein Aussehen gefragt, weil die Welt vor Designern überquillt. Auf jeden Fall bin ich sehr glücklich mich der Ausbildung, an dieser für mich sehr besonderen Schule, da sie mich konzeptionell und strategisch geprägt hat.
Interview by Petra Horlitz // Titelfoto by Tim Schulz